Vom 20. März bis 3. Juli 2016 zeigt der Ausnahmekünstler Robert Schneider seinen 42teiligen Verdun-Zyklus in der Ausstellung „Tosende Stille“ im Schloss Bonndorf. Einhundert Jahre nach der Schlacht von Verdun vermittelt diese aus großformatigen Kohlezeichnungen bestehenden Arbeit, wieviel Blut den Boden einst tränkte. Dabei zeigen die allermeisten Zeichnungen nur gegenwärtige Landschaften. Doch das Leid der Menschen lässt sich auch empfinden, ohne dass die Bilder mit zerschossenen und aufgeplatzten Leibern schockieren müssten.
Die am 21. Februar 1916 begonnene Schlacht von Verdun ist nicht zuletzt für die deutschen und französischen Erinnerungsnarrative an den Ersten Weltkrieg von großer Bedeutung: Schon während des Krieges wurde spezifische Mythen geschaffen. Für beide Seiten wurde Verdun zum Symbol des sinnlosen Verheizens von Abertausenden Menschenleben. Der deutsche Generalstabschef Erich von Falkenhayn versuchte mit diesem Großangriff, die erstarrten Fronten des Stellungskriegs zu durchbrechen. In diesem Rahmen wurden die deutschen Soldaten als letzte der großen Kriegsnationen mit Stahlhelmen ausgestattet – der Pickelhaubenträger gehörte bald der Vergangenheit an, der ikonografische Stahlhelm prägte seitdem das Erscheinungsbild des deutschen Soldaten.
Frankreich war sich der Gefahr bewusst; die Kämpfe wurden erbittert geführt. Nach den deutschen Anfangserfolgen wurde General Henri Philippe Pétain der französische Oberbefehl über die Verteidigung von Verdun übertragen. Seine Parole „Ils ne passeront pas!“ (Sie werden nicht durchkommen!) sollte sich bewahrheiten und mit ihm zum Mythos werden. Ende Mai 1916 versandeten die deutschen Angriffe; spätestens mit der britischen Somme-Offensive ab 1. Juli 1916 war nicht mehr an eine Fortsetzung der deutschen Angriffe zu denken. Bis Ende Dezember desselben Jahres hatten die französischen Truppen ihre ursprünglichen Stellungen weitestgehend zurückerobert, auch die zuvor heftigst umkämpften und selbst zu Symbolen gewordenen Forts Douaumont und Vaux. General von Falkenhayn wurde abberufen; an seiner Stelle trat die dritte Oberste Heeresleitung (OHL) unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff, die im weiteren Verlauf des Krieges zunehmend als Militärdiktatur die Macht übernahm.
Für Frankreich wurde Verdun zum Symbol des Durchhaltens gegen den Gegner, für das Deutsche Reich zum Symbol des Ausblutens und des Opfergangs. Der Händedruck des französischen Präsidenten François Mitterand (der 1940 bei Verdun verwundet wurde) mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl in Verdun war 1984 eine mächtige Geste – und gerade einmal 40 Jahre nach der Befreiung von Paris von den deutschen Truppen auch keine Selbstverständlichkeit. Die „Erbfeindschaft“ wurde in einem langen, schwierigen Prozess überwunden.
Die Spuren des Krieges blieben. Die Landschaft ist immer noch zernarbt, und die Kämpfe haben sich in zahllosen Biographien niedergeschlagen.
Der Verdun-Zyklus von Robert Schneider – Teil seiner „Jahrhundertreflexion“ – ist ein höchst beeindruckendes Werk, das sich mit dieser spezifischen Schlacht, aber genauso mit Krieg und seinen langfristigen Auswirkungen auf Mensch und Natur bewegend auseinandersetzt.
Tosende Stille
Robert Schneider: Der Verdun-Zyklus
20. März bis 3. Juli 2016
Mi-So 1000-1200h und 1400-1700h
Eröffnung: 20. März 2016, 1115h
Schloss Bonndorf
Schlossstr. 9
79848 Bonndorf im Schwarzwald