Wie unlängst mit diesem Artikel angekündigt, stellt Simon Menner im Rahmen der Ausstellungsreihe Rendezvous mit Kunst im Berliner Restaurant Diekmann vom 17. Januar bis 3. März 2011 „Bilder aus den geheimen Archiven der Staatssicherheit“ aus. Die Ausstellung besteht aus 26 authentischen Aufnahmen aus einem größeren Zyklus, die dem Künstler vom “Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik” (BStU) zur Verfügung gestellt wurden.
Die Fotos geben den Blick des DDR-Überwachungsapparats wieder: „Es gibt viele Fotos der Staatssicherheit, aber ich kannte keine dieser Aufnahmen“, so der 1978 geborene Menner. Aus dem Interesse entstand ein Sichtungs- und Selektionsprojekt, an dessen Ende verschiedene Fotos in Gruppen zusammengefasst wurden. Zum einen handelt es sich um Lehrmaterial, zum anderen um Dokumentationen.
In den ersten Bereich fallen z.B. Anleitungen zur Verkleidung, zum Ankleben falscher Bärte, zum Erlernen heimlicher Zeichen oder zum Verstecken einer Videokamera. Die Betrachter amüsieren sich häufig über die skurril-offensichtlichen „Verkleidungen“, doch Menner verwies während der heutigen Vernissage auf die unschöne Ebene der Realität: „Wir lachen jetzt über diese Bilder, aber der Terror war real.“
Der zweite, dokumentierende Bereich ist gleichsam vielfältig: Aufnahmen von der Observation von Personen oder Briefkästen, von Botschaftseingängen oder Botschaftsempfängen, von Beweisstücken oder durchsuchten Wohnungen. Hier finden sich auch Polaroid-Aufnahmen, die vor Beginn einer Durchsuchung oder dem Anbringen von Abhörgerätschaften angefertigt wurden, so dass die Zimmer und ihre Einrichtung für ihre unwissenden Nutzer wieder in den „Ursprungszustand“ versetzt werden konnten. Es gruselt einen vor dieser Verletzung der Intimsphäre: das ungemachte Bett, der Blick in den Wohnzimmerschrank mit seinen Alkoholika, „4711“-West-Parfüm im Schlafzimmer, ein „Jerry Cotton“-Groschenheft in einer Schublade, „Madonna“-Poster oder die leeren Verpackungen von West-Schokoladetafeln in Jugendzimmern.
Auch die Banalität des Terrors wird hier deutlich. Immer wieder der gleiche Briefkasten; alle wurden abgelichtet, die dort einen Brief einwarfen: Kinder, Erwachsene, eine ältere Frau. Dazwischen befinden sich auf dem Film zwei Aufnahmen von Meerschweinchen, die dem Fotografen offenbar gefielen.
Dazu gesellen sich noch Fotos des Personals alliierter Militärverbindungsmissionen, die ihrerseits die Fotografierenden aufnehmen. „Ich finde es so absurd – der Informationsgehalt ist gleich Null“, so Menner.
Für den mit dem IBB-Photopreis 2009 ausgezeichneten Künstler ist die Frage nach der Blickweise eines repressiven Regimes zentral: „Wie funktioniert Terror? (…) Terror funktioniert am besten, wenn er im Verborgenen stattfindet, aber man trotzdem weiß, dass er vorhanden ist.“
Die Geschichte hinter den Bildern bleibt – nicht nur aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes – unklar, für den Künstler wie für den Betrachter. Aber der Einblick in die Methoden eines Regimes wirkt gerade durch den einfachen, dokumentarischen Charakter nach – noch vor einem Vierteljahrhundert war es bittere Realität in einem Teil Deutschlands.
17. Januar bis 3. März 2011
Meinekestr. 7
10719 Berlin-Charlottenburg
Mo-Sa 1200-0100h, So 1800-0100h