Bereits am 5. Mai 2010 wurde in der südukrainischen Großstadt Saporischschja ein Stalin-Denkmal eingeweiht. Künstlerisch ist es nicht sonderlich interessant (so hätte es auch vor 60 Jahren aufgestellt werden können – vielleicht gab es ja noch irgendwo eine alte Büste, von der man einen Abdruck nehmen konnte?), politisch hingegen viel eher.
Zur Einweihung unter den Klängen der Hymne der Sowjetunion kamen wohl an die 1.000 Personen, darunter diverse Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg. Das Denkmal steht wenig überraschend vor dem Gebäude des Gebietskommittees der Kommunistischen Partei der Ukraine (KPU) und wurde durch Spenden finanziert.
Die heute um die 800.000 Einwohner zählende Stadt gilt als Wiege des Saporoscher Kosakentums. Somit bietet es sich an, einen Blick auf das ungleich interessantere Gemälde „Die Saporoger Kosaken schreiben dem türkischen Sultan einen Brief“ von Ilja Repin (1844–1930) aus den Jahren 1880-91 zu werfen.
Doch zurück zur Statue: sie zeigt überaus naturalistisch jenen sowjetischen Diktator (1878-1953) in Militäruniform samt Stern des „Helden der Sowjetunion“. Da nicht nur der rechtsgerichteten Allukrainischen Vereinigung „Swoboda“, sondern auch der KPU Kundgebungen neben dem besagten Gebäude vor dem Einweihungstermin gerichtlich verboten worden waren, wurde die Veranstaltung offiziell als „Treffen des KPU-Parlamentsabgeordneten Olexij Baburin mit Wählern“ bezeichnet. Fotos von der Einweihung finden sich auf der Website der Nachrichtenagentur UNIAN, weitere Videos sind hier zu sehen.
Weitaus sympathischer erscheint der Ansatz des ukrainischen Richters Viktor Poprewitsch, wenn er zwei Büsten von Stalin und Lenin in der „Sackgasse des Kommunismus“ aufstellt.
Seit 2005 findet insbesondere in Russland und der Ukraine eine positivere Betrachung Stalins als Retter der Sowjetunion vom Faschismus statt. Zu den prominentesten Befürwortern einer solchen Richtung gehört der Bürgermeister Moskaus, Juri Michailowitsch Luschkow. Im Jahr 2008 fragte der russische staatliche Fernsehsender Rossija 1 nach der „wichtigsten Figur der russischen Geschichte“: Stalin landete mit nicht sonderlich großem Abstand auf dem dritten Platz, hinter Alexander Newski und Pjotr Stolypin. Der deutsche Fernsehsender ZDF war schlauer (und politisch korrekter), als es 2003 nach dem Vorbild der BBC („100 Greatest Britons“) nach den „Größten Deutschen“ fragte: Hitler und seine Schergen wurden erst gar nicht in die Wertung mit aufgenommen.